Snowboard & GO-IN – die Geschichte

…und diese Geschichte hat im GO-IN Sursee sogar ein Gesicht: Urs Bättig. In der Schweiz mit Franz Kunz wohl einer der ersten auf dem neuen Wintersportgerät. Ein Pionier? Auf jeden Fall. Urs hat die Entwicklung des Snowboards hautnah miterlebt. Begonnen hat die Geschichte 1987 in Schötz – also vor 37 Jahren. Höchste Zeit, dass wir bei Urs mal nachfragen, wieso das Snowboard und der GO-IN Sportshop so eng zusammengehören.

Der heutige GO-IN Sportshop mit den Kernkompetenzen im Bikesport, Wintersport, Running, Vermietung und Skiservice wurde 1993 als „Board & Bike“ Shop ins Leben gerufen. Auf 170 Quadratmetern im Kottenmatte-Quartier in Sursee stapelten sich Bikes und Boards. Das Team umfasste lediglich 2-3 Personen. Der Snowboard-Boom ist sicher den meisten bekannt. Die heutige Grösse verdankt der Sportshop nicht zuletzt genau diesem Boom. Heute dominiert das Skifahren wieder. Höchste Zeit, einmal in die Anfänge des Snowboards und gleichzeitig des GO-INs zurück zu blicken. Keiner weiss dabei besser Bescheid als Urs Bättig, welcher schon seit 38 Jahren für KUNZ/GO-IN arbeitet und die Entwicklung nicht nur miterlebt, sondern auch geprägt hat.

Urs Bättig
Seit 38 Jahren
bei KUNZ/GO-IN

1) Urs, wie kommts eigentlich, dass ein gelernter Bäcker/Konditor beginnt, Sportgeräte zu verkaufen?

Ich musste mich mit 16 Jahren neu orientieren, da ich eine Mehlstaub-Allergie entwickelt habe. Als angehender Bäcker natürlich sehr unpraktisch. Trotz Sensibilisierungskur wurde es immer schlimmer. Die Neuorientierung war also zwingend nötig. In dieser Zeit war ich leidenschaftlicher Skifahrer, habe in der Skischule unterrichtet und hatte so immer Kontakt zum Sportgeschehen. Als ich bei Coop „jobbte“ hatte mich meine Mutter darauf hingewiesen, dass bei Arnold Sport in Sursee eine Lehrstelle frei wäre. Nach der Zusage hatte es mir den Ärmel vollständig reingezogen.

2) Du hast den Snowboardsport von Beginn an miterlebt und mitgeprägt. Wie kam dein ehemaliger Chef und der Gründer der Sportshops – Franz Kunz – auf die Idee, in diese Trendsportart zu investieren?

1987 hatte Franz ein Inserat im „Blick“ über die neue Wintertrendsportart Snowboarden gelesen. Er sagte mir, da sei einer in St. Moritz, der Kurse anbiete. Er gehe am Wochenende dahin, und wenn das Snowboard etwas sei, rufe er mich sofort an, damit wir zusammen snowboarden gehen können. Er hatte mich dann wirklich am Sonntagabend angerufen und gesagt „Hey, das ist wirklich genial, das ist es! Du MUSST mitkommen.“ Er durfte dann ein paar Boards mitnehmen und wir sind zusammen in den Sörenberg. Es waren einfache Bretter mit Fisch-Form, die für die pulverigen Bedingungen im Sörenberg ideal waren. So war ich innert kürzester Zeit fasziniert davon.

Zu diesem Zeitpunkt war das klassische Skifahren etwas ausgereizt. Man ist mit den „Pommesfrittes-Skis“ die Hänge runtergewedelt. Als wir das Snowboard in unserem persönlichen Umfeld gepusht haben, haben wir schon gemerkt, dass die Nachfrage nach etwas Neuem da war. Im Winter darauf hatten wir die Snowboards bereits im Sortiment, danach ist es schnell gewachsen. Da das Skifahren stagnierte, war es relativ einfach, die Leute mit etwas Neuem abzuholen, das war für Franz resp. für uns sehr dankbar. Es brauchte aber auch den Mut von Franz, denn trotz schnellem Wachstum waren die ersten Jahre defizitär. Das Material hatte sich technologisch so schnell entwickelt, dass mal letztjährige Bretter kaum mehr los wurde. Das ist heute deutlich anders. Ich selber musste auch jedes Jahr ein neues Board haben, um mit den Änderungen Schritt halten zu können. Formen, Rocker, Vorspann, Beläge, Schuhe, Bindungen und und und…da ging richtig die Post ab.

3) Woher kommt das Snowboarden eigentlich?

Vom Wellenreiten. Die Amerikaner, allen voran Jake Burton, wessen Marke heute noch existiert, waren die Ersten, die die Bretter an der Spitze mit einem Seil versehen haben, die Schuhe in Surf-Schlaufen gesteckt haben und so den Schneehang runtergefahren sind.

4) Wie muss man sich den Snowboardsport in den Kinderschuhen vorstellen? Wieso boomte dieses Sportgerät so stark?

Wirtschaftlich gesehen war es sehr, sehr schleppend. Es war noch kein Boom, durch die schnelle, technologische Entwicklung veraltete das Material schnell und die Investitionen zu Beginn waren doch sehr hoch. Das Snowboarden selbst war farbig und laut, auch rebellisch. Die Konflikte mit den Skifahrern lagen auf der Hand. Die Einen haben uns bestaunt und waren interessiert, andere wiederum hatten weniger Freude an uns. Wir würden durch Stürze die Pisten kaputt machen und das Lifttrassée mit den gelösten Schuhen schädigen. Die Snowboarder brauchten auf der Piste natürlich auch mehr Platz für ihre Kurven als die „Wädler-“ Skifahrer. Die farbigen Kleider kamen dann auch bei den Skifahrern an, aber es waren sicher die Snowboarder, die durch ihre rebellische Art diesen Stil geprägt haben. Das war übrigens auch der Grund, weshalb wir mit dem GO-IN nach Sursee gegangen sind. Garagen-Skater-Shops schossen überall aus dem Boden, als die Skater auf den Snowboard-Geschmack gekommen sind. Das bewirkte eine gewisse Konkurrenz zu normalen Sportgeschäften. Der coole, rebellische Snowboarder wollte nicht mehr in klassischen Sportgeschäften wie KUNZ Sport oder Schär Sport kaufen, sondern halt eher zu einem Snowboardspezialisten wie „Goofy&Regular“ oder GO-IN. Es musste natürlich auch einen coolen, amerikanisierten Namen haben.

Der Name GO-IN ist übrigens von einer Bar in Saas Fee inspiriert worden, wo Franz und Urs mit Kollegen einige feuchtfröhliche Feste gefeiert hatten.

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Die Evolution des Snowboards – auch heute noch im GO-IN Sursee ausgestellt.

5) Wie haben die Bergbahnen auf das Snowboard reagiert?

Daran kann ich gut erinnern. Die Herren an den Bügelliften inSörenberg hatten wenig Freude an uns und haben uns nur widerwillig befördert. Wir hatten den Ruf, die Pisten und Trassés zu zerstören. Snowboard war neu und unbekannt, man wusste zu Beginn nicht mal, wo man den Liftbügel platzieren soll. In Engelberg haben sie z.B. einen Pfosten beim Drehkreuz montiert, sodass alle Snowboarder gezwungen waren, das Board auszuziehen. Ohne Fangriemen (Leash) hat man uns gar nicht erst auf den Berg gelassen. Die Snowboarder hatten zu Beginn also schon ziemlich Gegenwind.

6) Wann hatte der Snowboardsport deiner Meinung nach seinen Höhepunkt?

Wahrscheinlich zwischen 1995 und 2000. Danach kam der Carving-Ski, welcher die Verhältnisse wieder etwas ausgeglichen hatte. Die Jungen waren wieder vermehrt auf den Skis, das Carven war hip. Meine Generation, also die Race-Boarder, wurden immer weniger. Da hat die Industrie auch Fehler einräumen müssen. Die Snowboardentwicklung richtete sich nach dem Freestyle, Raceboards mit harten Schuhe waren schon bald exotisch. Der Hartboot-Fahrer wurde von der Industrie vergrault, weshalb viele auf die Skis zurück kehrten. So hat die Industrie viele Snowboarder kampflos an die Skiindustrie abgegeben. Diese Zielgruppe fehlt heute, obwohl sich die Snowboard-Marken bemühen, mit härteren, taillierteren Boards um den Race-Boarder wieder zurück zu holen. Die Wirkung ist aber verhalten.

7) Das GO-IN wurde als «Board & Bike» gegründet. Heute bietet das Sortiment noch viel mehr, der Platz der Snowboards wurde gleichzeitig kleiner. Wieso hat das Snowboarden gegenüber dem Skifahren an Popularität wieder eingebüsst?

Der Carving-Ski hatte die Wende gebracht. Danach folgten die Freestyle-Skis (Twin-Tips), mit welchen man noch extremere und spektakulärere Tricks machen konnte, da mehr Bewegungsfreiheit. Einige ganz gute Snowboarder sind dann wieder zu den Skis zurück gekommen.

8) Wagst du eine Prognose? Wie wird sich das Snowboard in Zukunft schlagen?

Im Moment ist wieder ein Trend hin zum Snowboard zu spüren. Ich vermute einen gesunden Ausgleich zum Skifahren, aber Skis werden dominant bleiben. Beim Snowboard müsste etwas Extremes erfunden werden, was wieder einen Boom auslösen könnte. Da reichen Optimierungen an bestehenden Technologien nicht aus.

9) Ski und Snowboard stehen etwas still. Es hätte also Platz für Innovationen..

Es gibt und gab viele andere Sportgeräte, wie z.B. Telemark, Snowblades, Skibikes, Mono-Carver, Mono-Ski, Schnee-Scooter und so weiter. Diese blieben Nischen oder sind fast ganz wieder verschwunden. Entweder war das Gerät zu sperrig oder der Fahrkomfort und -spass zu tief. Es gab viele Ideen, aber nur Snowboard hat gegriffen, denn es war eben handlich und man konnte alle Anlagen nutzen, die Skifahrer auch nutzten. Beim Skibike oder beim Snow-Scooter dachte ich, dass könnte vielleicht etwas werden. Einen Boom gab es bisher jedoch nicht.

Der Wintersport hat in den letzten Jahren generell Schwierigkeiten bekommen. Einerseits die Schneesicherheit und andererseits die Kosten. Wenn die Eltern nicht selber Skifahren, wird es wohl auch nicht so gefördert, nicht zuletzt vermutlich auch aus finanziellen Gründen. Ich selber bin auch wieder vermehrt auf den Skis anzutreffen. Auch mein Alter hat bei mir den Wandel ausgelöst. Wenn es aber Tiefschnee hat, ist das Board meine erste Wahl. Da fühle ich mich wohl und das Freeride-Gefühl auf dem Board werde ich auf den Skis wohl nie erreichen.

[Ende]

Der GO-IN Sportshop zählt noch heute zu den ersten Adressen, wenn es ums Snowboard geht. „Wir teilen deine Leidenschaft“ ist nicht nur ein Spruch, sondern ein Versprechen. Diesen Winter ist Patrick Dambach, auch „Snowboardpädi“ genannt, ins Team der Snowboard-Verkäufer und -Einkäufer nachgerückt. Der gelernte Skibauer hat in den letzten Jahren in der GO-IN Skiwerkstatt und als Allrounder gearbeitet. Nun kommt seine Leidenschaft für die Bretter voll und ganz zur Geltung – „Snowboard-Freak“ ist bei Pädi wohl eine Untertreibung. Wir sind gespannt, was wir beim nächsten Interview zum Thema Snowboard in ca. 15 Jahren, von ihm hören werden.

Urs Bättig und Patrick Dambach